Multirolle / Baitcastrolle Test & Vergleich 2024
Christoph Hein
Aktualisiert am 02.01.2024
Multirollen sind stark im Kommen – zumindest, wenn man den Verkaufszahlen Glauben schenkt. Doch was steckt eigentlich hinter den trendig anmutenden Rollen? Als Multirollen werden im deutschsprachigen Raum die großen, runden Modelle bezeichnet, die man besonders aus der Salzwasserfischerei kennt. Solche Rollen müssen während eines Drills großen Belastungen standhalten und daher auch dementsprechend robust sein.
Kleinere Modelle, die zum Spinnfischen verwendet werden, sind unter dem Namen Baitcaster bekannt. Entstanden sind diese Rollen in den USA speziell zum Schwarzbarsch-Angeln. Das Prinzip ist dasselbe und in mittlerweile sind auch kleinere Modelle in Rund erhältlich. Im Gegensatz zu den großen Multirollen kann mit einer Baitcaster auch weit geworfen werden.
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So ist eine Multirolle aufgebaut
Im Gegensatz zur klassischen Stationärrolle dreht sich bei der Multirolle die Rollenspule um die eigene Achse, weswegen etwas mehr Übung in der Handhabung der Rolle nötig ist. Dafür erlaubt sie äußerst zielgenaues Werfen, da die Schnur direkt in die Hand gekurbelt wird. Zudem hat der Angler so eine Direktverbindung zum Köder und somit vollständige Köderkontrolle.
Auf einer Seite einer Multirolle befinden sich in der Regel die Kurbel (bei Baitcastern sind das zumeist Doppelkurbeln) und die Sternenbremse, sowie die eventuell vorhandene Rücklaufsperre. Anders als bei Stationärrollen kann die Kurbel nicht einfach umgesteckt werden. Linkshänder müssen also von vornherein ein dementsprechendes Modell kaufen. Und um der Verwirrung ein Ende zu bereiten: Rechtshänder müssen ein Linkshandmodell kaufen, da sie mit der linken Hand kurbeln, und umgekehrt. Die Kurbel ist zumeist um einiges kürzer als die einer Stationärrolle, um kräftigeres Drehen zu ermöglichen.
Das Gehäuse ist bei qualitativ hochwertigen Multirollen per CNC aus einem einzigen Block Aluminium gefräst. Die Schnurführung ist im Idealfall aus Titan gefertigt. Tiefseemodelle können auch einen sogenannten „Line-Counter“, einen Tiefenzähler, aufweisen.
Die Größenangabe einer Multirolle erfolgt über die Schnurkapazität, das Gewicht in Unzen.
Wo kann eine Multirolle eingesetzt werden
Auch wenn Multirollen ursprünglich zum Schleppen entwickelt wurden und besonders in der Meeresangelei beliebt sind, können sie doch auch beim Vertikalangeln und Spinnfischen immer mehr punkten.
Vertikalangeln
Dem Vertikalangeln mit Stationärrolle steht nichts entgegen. Allerdings bietet eine Baitcaster oder Multirolle hier einen entscheidenden Vorteil: Sie ermöglicht das Ablassen der Schnur per Knopfdruck. Besonders in Europa hat sich daher das Verwenden von Baitcastern beim Vertikalangeln durchgesetzt. Die Rute sollte beim Verwenden einer Multirolle wenn möglich einen Triggergriff und eng am Rutenblank sitzende Ringe aufweisen.
Werfen
Das Werfen mit einer Multirolle gestaltet sich umso leichter, je schwerer der Köder ist. Nur sehr hochwertige Rollen haben einen entsprechenden Lauf, um auch leichte Köder weit entfernt zu positionieren. Dem ist hinzuzufügen, dass sich beim Auswerfen der Köder näher an der Rutenspitze befinden sollte, als beim Werfen mit einer Stationärrolle.
Vor- und Nachteile von Multirollen gegenüber Stationärrollen
- Beim Spinnfischen werden die Handgelenke bei Verwendung einer Multirolle weniger belastet.
- Stationärrollen passen zu allen Ruten, Multirollen sollten auf Ruten mit Triggergriff und eng anliegender Beringung gebaut werden.
- Stationärrollen haben normalerweise eine einzige Bremse, die einfach zu handhaben ist. Da eine Multirolle über mehrere Bremssysteme verfügt, ist deren Handhabung etwas komplizierter.
- Größere Wurfweite ist bei einer Stationärrolle leichter zu erreichen, allerdings fliegt hier der Köder weitaus unstabiler. Mit einer Multirolle sind präzisere Würfe möglich, da der Köder im Flug stabilisiert wird.
- Mit einer Stationärrolle können auch sehr leichte Köder problemlos ausgeworfen werden, da die Schnur ohne Widerstand abgegeben wird. Eine Multirolle hingegen benötigt immer ein Mindestgewicht.
- Bei Gegenwind ist von Multirollen abzuraten, es bietet sich hier die Gefahr der Perückenbildung. Stationärrollen haben unter solchen Bedingungen keine Probleme.
- Bei Verwendung von Multirollen besteht direkter Köderkontakt, was bei einer Stationärrolle nicht der Fall ist.
- Beim Vertikalangeln kann die Multirolle punkten, da per Knopfdruck Schnur abgelassen wird, während bei einer Stationärrolle Handarbeit gefragt ist: Bügel umklappen, Schnur abgeben, Bügel zuklappen.
- Gegenüber Stationärrollen sind Multirollen robuster und kompakter gebaut. Sie haben keine sensiblen Details, wie etwa Fangbügel, die leicht beschädigt werden können.
Die richtige Schnur für Multirollen
Selbst wenn oft für Multirollen monofile Schnur empfohlen wird: Wer viel Wert auf den direkten Kontakt mit dem Fisch legt und erfahren ist, wird auf geflochtene Schnur zurückgreifen und diese mit einem Vorfach aus Fluorocarbon oder Monofil kombinieren. So ist im Drill für die nötige Dehnung gesorgt.
Je dünner die Schnur gewählt wird, desto weicher muss die Bremse eingestellt werden. Dafür profitiert man bei dünnerer Schnur von weiteren Würden und geringerer Scheuchwirkung.
Monofile Schnur
Wer mit der Multirolle noch ungeübt ist, sollte sich erstmal für Monofil entscheiden. Nylonschnur wirft sich erheblich einfacher und bildet dabei weniger Perücken. Wenn sich solche bilden, dann sind sie allerdings aufgrund des Memoryeffekts wesentlich hässlicher, als die einer geflochtenen Schnur. Am besten wählt man eine Schnur ohne Memoryeffekt. Diese ist zwar etwas teurer, vermeidet aber zusätzliches Schnurchaos.
Geflochtene Schnur
Wer mit Werfen und Einstellen der Multirolle etwas Erfahrung hat, kann getrost zu geflochtener Schnur wechseln. Wird beim Wurf rechtzeitig mit dem Daumen gebremst, bilden sich auch keine Perücken.
Die komplexen Bremsen einer Multirolle
Grundsätzlich hat jede Multirolle mehrere Bremssysteme, die es vorallem korrekt einzustellen gilt, um ein reibungsloses Funtionieren der Rolle zu gewährleisten.
Ein Bremssystem fungiert gegen die Überdrehung der Spult beim Auswerfen und kann je nach Hersteller und Preisklasse entweder über kleine Magneten oder aber über die Fliehkraft kuntionieren. Bei beiden Systemen wird die Spule so gebremst, dass der Köder beim Auswerfen stetig Schnur von der Rolle zieht, die Spule dabei allerdings nicht überdreht.
Mit Rollen, die über ein Fliehkraftsystem verfügen, wie etwa die meisten Shimano-Modelle, können größere Wurfweiten erzielt werden und Anfängerfehler werden leichter verziehen. Ein Magnetsystem, wie wir es von Daiwa-Rollen kennen, kann hingegen einfacher verstellt werden und kann so bei Spezialwürfen punkten.
Jede Multirolle hat dazu noch eine zweite, mechanische Bremse. Meist ist dies ein Knopf hinter der Sternenbremse, mit dem die Spule zusätzlich abgebremst werden kann. Diese Bremse kann auch als sogenannte “Notbremse“ genutzt werden. Der Freilaufknopf wird gedrückt und mit dem Daumen anschließend kontrolliert die Schnurtrommel mitgebremst.
Als Kampfbremse sind Multirollen entweder mit einer Sternenbremse oder einem Lever Drag austgestattet. Mit der Sternenbremse wird durch einfaches Drehen eingestellt, wie viel Widerstand dem Fisch beim Drill entgegengesetzt wird. Beim Lever Drag liegt die Bremse im Inneren der Spule und wird durch Drücken des Hebels aktiviert. Gleichzeitig wird über diese Schiebebremse auch der Freilauf reguliert. Besonders bei starken Zielfischen wird letztere bevorzugt eingesetzt, da sie nicht so stark erhitzt, wie eine Sternenbremse.
Um ein Multirollenbremssystem korrekt einzustellen, wird bei Rollen mit Fliehkraftbremse der Seitendeckel geöffnet und die Bremskraft über die entsprechenden verstellbaren Stifte geregelt. Werden die Stifte eingeschoben, ist das Fliehkraftgewicht ausgeschaltet. Für gängige Ködergewichte reichen meist ein bis zwei aktivierte Fliehkraftgewichte aus. Rollen mit Magnetbremse haben in der Regel ein Rädchen mit Zahlen auf dem Seitendeckel, über das die Bremse reguliert wird.
Zieht der Köder bei waagrecht gehaltener Rute und aktiviertem Freilauf so lange Schnur von der Rolle, bis er den Boden erreicht hat, sind die Bremsen korrekt eingestellt.
Was bei der Übersetzung von Multirollen zu beachten ist
Die Übersetzung wird bei Multirollen in Kurbelumdrehunden angegeben. Wieviel Schnur also pro Umdrehung eingeholt wird, ist abhängig vom Durchmesser der Spule. Schnelle Modelle, die pro Umdrehung viel Schnur einholen, werden gerne verwendet, wenn in starker Strömung geangelt wird und dementsprechend rasch eingeholt werden muss. Wer hingegen eher grundnah fischt, ist mit einer langsameren Übersetzung gut beraten. Langsamere Rollen haben in der Regel mehr Kraft.
Wie muss eine Multirolle gewartet werden
Hier scheiden sich die Geister. Hört man von den einen, dass die Wartung einer Multirolle einfach sei, und in größeren Abständen durchaus ausreiche, so sagen andere, dass Multirollen aufgrund ihrer komplexen Mechanismen öftere und aufwendigere Wartungssitzungen benötigen.
Eines gleich vorweg: Eine Spinnrolle wirft auch in ungepflegtem Zustand noch durchaus gut. Bei einer Multirolle macht sich sofort bemerkbar, wenn sie geölt werden will. Es sollten also in regelmässigen Abständen den Kugellagern einige Tropfen Öl zugeführt werden. Auch die Schnurführung will immer wieder gefettet werden, um einwandfrei zu laufen. In der Regel lässt sich sagen, dass Schnurführung und Kugellager bei wöchentlichem Fischen alle drei bis vier Monate nachgefettet werden sollte. Das komplette Innenleben wird im Idealfall auf jährlicher Basis gereinigt und neu gefettet.
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