Umweltschonend Angeln – Gummiköder ohne Blei & Weichmacher
Christoph Hein
Aktualisiert am 13.01.2023
Wer sich mit dem Angeln in Norwegen beschäftigt oder bereits begeisterter Meeresangler ist, wird früher oder später beim wahrscheinlich erfolgreichsten Köder für diese Art des Angelns ankommen: Gummifische und zwar solche die durchaus XXL Dimensionen annehmen können. Nichts ist erfolgreicher auf Großdorsch, Heilbutt, Seelachs und Co.
Die Angelindustrie bietet diese Köder inzwischen in allen Farben und Größen an, in Gewichten die auch einmal jenseits der 500 g liegen können. Und damit sind wir gleich bei einem Kernthema: Gewicht. Bei den erheblichen Tiefen und Strömungen ist es unerlässlich das unsere Köder ein relativ hohes Gewicht aufweisen müssen, um schnell beim Fisch zu sein und vor allem auch dort zu bleiben. Und was liegt da näher das mit dem traditionell eingesetzten Material Blei zu erreichen?
Negative Eigenschaften von Blei
Aber Moment, da war noch etwas – Blei ist ein Schwermetall und zwar eines mit toxischen Eigenschaften. Ein nicht unerheblich giftiges Metall also und abgesehen davon das wir Angler uns damit über Jahre selbst belasten verteilen wir davon auch noch Jahr für Jahr viele Tonnen in der Umwelt.
Es wurden und werden zahlreiche Diskussionen geführt zu Blei beim Angeln, die meisten davon mit dem Ziel die Nachteile von Blei zu verharmlosen um das so beliebte Material auch weiterhin in die Regale der Angelgeschäfte stellen zu können und das Gewissen nicht unnötig zu belasten.
Fakt ist: Einige Länder sind über diesen Punkt bereits hinaus und Dänemark zum Beispiel hat den Einsatz von Blei zum Angeln bereits lange verboten verboten. Sicherlich nur eine Frage der Zeit bis insbesondere die anderen Europäischen Länder nachlegen, wenn selbst die USA eine solches generelles Bleiverbot ab Januar 2022 verabschiedet hat.
Wissenschaftliche Erkenntnisse rund um die Themen Blei und Weichmacher
Blei besitzt keine physiologischen Funktionen und ist in jeder noch so geringen Aufnahmemenge als toxisch anzusehen.
Quelle: Bundesinstitut für Risikobewertung
Blei sammelt sich bei der Aufnahme durch Nahrung und Atemluft im menschlichen Organismus an und wirkt schon in geringen Spuren als chronisches Gift. Es reichert sich in Knochen, Zähnen und im Gehirn an und beeinträchtigt die Funktionsfähigkeit des Nervensystems. Besonders Kinder sind gefährdet, sie zeigen oft Intelligenz-, Lern- und Konzentrationsstörungen. Auch die Immunabwehr kommt bei Bleivergiftungen zu Schaden, daraus folgt eine erhöhte Infektanfälligkeit.
Quelle: Wikipedia
Alle Jahre wieder Bleigießen?
Ein Blick in die vorweihnachtlichen Auslagen von Baumärkten lässt vermuten, dass die Tradition des Bleigießens in der Silvesternacht offensichtlich weit verbreitet ist. Gerade durch Bleigießen zu orakeln ist aber keine wirklich gute Idee, denn Blei ist giftig und ein Umweltschadstoff. Nicht ohne Grund gibt es für das Trinkwasser, den Boden, die Luft und für Nahrungsmittel Grenz-und Richtwerte, die die Verbreitung von Blei in der Umwelt und die Belastung des Menschen mit Blei verringern sollen. Das Umweltbundesamt empfiehlt, auf Bleigießen zu verzichten.
Beim Bleigießen, genauer beim Erhitzen von Blei, entstehen Bleioxide, die in die Raumluft verdampfen. Die umstehenden Personen können diese Dämpfe über die Atemwege aufnehmen. Auch beim Anfassen der Figuren gelangt das Blei an die Hände. Bei Kindern, die vielleicht gleich im Anschluss ihre Hände in den Mund nehmen, gelangt Blei möglicherweise auch in den Mund. Gerade Kinder sind aber bezüglich der Wirkungen von Blei als Risikogruppe anzusehen, da schon geringe Mengen die Entwicklung der Intelligenz beeinträchtigen können.
Eine Verteilung von Blei in der Umwelt kann auch durch Bleireste und alle Gegenstände, die mit dem Blei in direkten Kontakt gekommen sind, passieren, wenn diese mit dem Hausmüll entsorgt werden. Diese Dinge gehören in den Sondermüll.
Quelle: Umweltbundesamt
Blei erfüllt nach dem jetzigen Wissensstand keine Funktion im menschlichen Körper, sondern schädigt diesen nur.
Die Wirkungen von Blei sind:
- Störung der Biosynthese von Hämoglobin und Anämie
- Blutdruckanstieg
- Nierenschäden
- Fehl- und Frühgeburten
- Schäden des Nervensystems
- Hirnschäden
- Verminderte Fruchtbarkeit bei Männern durch Schädigung der Spermien
- Verminderte Lernfähigkeit bei Kindern
- Verhaltensstörungen bei Kindern, wie etwa Aggressionen, impulsives Verhalten und Hyperaktivität
Blei gelangt über die Plazenta in den Fötus und kann ernst zunehmende Schäden beim Nervensystem und im Gehirn des Ungeborenen verursachen.
Blei wird in den Körpern von Wasser- und Bodenlebewesen akkumuliert, die dadurch vergiftet werden können. Schalentiere erleiden schon bei sehr geringen Konzentrationen eine Bleivergiftung. Blei stört auch die Körperfunktionen bei Phytoplankton, was vor allem deshalb sehr negativ ist, da Phytoplankton ja in der Sauerstoffproduktion im Meer eine wichtige Rolle spielt und zudem noch von vielen größeren Tieren gegessen wird. Aus diesem Grund beginnen wir uns nun zu fragen, ob die Bleiverseuchung das gesamte globale Gleichgewicht beeinflusst.
Auch die Funktionen des Bodens werden durch Blei gestört, vor allem in der Umgebung von Autobahnen und Ackerland, wo hohe Konzentrationen auftreten können. Die Bodenorganismen können durch Blei vergiftet werden.
Blei ist auch deshalb ein so gefährliches Element, da es sich nicht nur in einzelnen Organismen anhäuft, sondern in gesamten Nahrungsketten.
Quelle: Lenntech
Wie gefährlich sind Weichmacher? Besonders Weichmacher aus der Gruppe der Phthalate schaden der Gesundheit ‒ Leber, Nieren und Hoden können angegriffen werden. Für einige Phthalate wie beispielsweise DEHP ‒ Di(2-ethylhexyl)phthalat ‒ ist eine hormonartige Wirkung nachgewiesen.
Quelle: Verbraucherzentrale
Wie gefährlich sind Weichmacher?
Im Tierversuch erwiesen sich Phthalate, vor allem DEHP als krebserregend, entwicklungstoxisch und reproduktionstoxisch. Wirkungen wurden vor allem bei den männlichen Nachkommen beobachtet und äußerten sich unter anderem in verminderter Fruchtbarkeit und Missbildungen der Genitalien.
Fortpflanzungsgefährdend
Fast bei jedem Menschen sind Phthalate und ihre Abbauprodukte im Blut und/oder Urin nachweisbar. Bei welcher Dosis beim Menschen Effekte auftreten, ist noch nicht geklärt. Studien an unfruchtbaren Männern deuten darauf hin, dass dies durch erhöhte Phthalat-Belastungen verursacht sein könnte. Die Mitgliedsstaaten der EU stuften die Phthalate DEHP, DBP und BBP als fortpflanzungsgefährdend ein.
Für Babyartikel und Kinderspielzeug erteilte die EU-Kommission mittlerweile ein Anwendungsverbot dieser Substanzen – allerdings sind etwa 80% des in der EU erhältlichen Spielzeugs importiert.
Anreicherung in der Umwelt
Die chemische Industrie ersetzt seit einigen Jahren fortpflanzungsgefährdende Phthalate vor allem durch DIDP und DINP (in Europa aus Vorsorgegründen für Babyartikel und Kinderspielzeug ebenso verboten). DIDP und DINP stehen im Verdacht, sich in hohem Maß in Organismen anzureichern und in Boden und Sedimenten langlebig zu sein. Die hohen Einsatzmengen für Weich-PVC und die Strukturähnlichkeit zu DEHP lassen eine starke Ausbreitung in der Umwelt erwarten.
Quelle: Global2000
Alternativen zu klassischen Bleiköpfen suchen
Was ist also zu tun, wenn man den Köder Nummer 1 nicht an den Nagel hängen will? Richtig, es braucht eine Alternative. Einen sauberen Köder bzw. einen sauberen Jigkopf, der es ermöglicht, mit umweltfreundlichen Materialien die gleichen Eigenschaften zu bieten, wie ein klassischer Jigkopf aus Blei.
Einen solchen Jigkopf samt Köder hat zB. Cleanbaits entwickelt. Sowohl der Jigkopf als auch der Gummiköder bestehen aus Materialen, die absolut sauber sind und kein schädliches Blei oder z.B. Farbstoffe enthalten, die sich später im Wasser lösen.
Interview mit Cleanbaits
Wir haben mit Cleanbaits-Macher Stefan Strenger über seine Köder gesprochen und ihn darum gebeten, uns diese einmal etwas detaillierter vorzustellen.
Nachdem sich nach 35 Jahren Angeln in Norwegen immer noch weit und breit kein Großgummi auftreiben ließ der auf Blei verzichtet, haben wir letztendlich 2017 entschieden selbst Abhilfe zu schaffen und mit der Entwicklung eines solchen Köders begonnen.
Nach vielen Jahren Entwicklung und Erprobung haben wir im letzten Jahr dann Cleanbaits ins Leben gerufen und damit eine Top Alternative präsentiert, die inzwischen von zahlreichen begeisterten Anglern erfolgreich eingesetzt wird. Nicht zuletzt auch vom Chefredakteur des Norwegenmagazin wie auf der Cleanbaits Homepage nachzulesen.
Was ist denn nun das Besondere an Cleanbaits?
Nun, neben der Tatsache das es aus unserer Sicht einer der erfolgreichsten Köder für das Meeresangeln ist, was natürlich das Hauptziel beim Hobby Angeln bleibt, verzichtet Cleanbaits konsequent nicht nur auf das Schwermetall Blei, sondern gleich auch auf die höchst bedenklichen Weichmacher haltigen Plastisole und räumt darüber hinaus endlich mit einigen konstruktiv bedingten Nachtteilen alle bekannter Jigköpfe auf.
Wow – ein neuer Wunderköder aus der Trickkiste der Angelindustrie also? Nein definitiv nicht, aber sicherlich eine vollkommen neue Dimension für das Meeresangeln.
Und gefertigt und vertrieben wird dieser Köder deshalb auch nicht von einem der großen Angelausstatter, sondern alles wird in Deutschland von A-Z im Familienunternehmen hergestellt.
Um das erste Ziel, den vollständigen Verzicht von Blei umzusetzen, sind alle Cleanbaits Jigheads aus hochwertigem V4A Edelstahl gefertigt. Denn nur dieses Material konnte dem Anspruch auch nach Jahren der Nutzung im Seewasser noch einen nahezu neuwertigen und korrosionsfreien Jigkopf in der Angelkiste zu haben erfüllen.
Nachteile des Materials? Technisch sicherlich keine, aber natürlich ist es viel leichter den nächsten futuristisch anmutenden Jigkopf durch simples eingießen eines Haken in einen wie auch immer gearteten Bleikopf zu fertigen und eventuell noch mit Farbe zu überziehen, als einen V4A Kopf aufwändig auf CNC Maschinen zu fertigen. Wer sich mit rostfreien Edelstählen der V4A Güteklasse auskennt, weiß so etwas erfordert einen ganz anderen Maschinenpark und hohe Fertigungszeiten, was sich dann leider auch im Preis niederschlägt. Berücksichtigt man aber die nahezu unbeschränkte Haltbarkeit relativiert sich das ganz schnell.
Art der Fertigung ermöglicht Innovation
Die Haken sind nicht wie bei normalen Jigköpfen starr eingegossen, sondern durch einen V4A Edelstahlstift schwenkbar im Jigkopf gelagert. Damit erhält der Köder ein wesentlich natürliches Bewegungsspektrum wie bei allen klassischen Lösungen bei denen typischerweise 40-50% des Gummifischs durch den eingegossenen Haken unbeweglich ausfallen. Weiterer positiver Nebeneffekt: Der Haken ist austauschbar! Ein Cleanbaits Jighead muss also niemals wegen eines defekten Hakens entsorgt werden.
Nun zum Haken selbst. Die Haken der Cleanbaits Köder weisen eine weitere Innovation auf, die eines der größten Probleme bei Gummifischen endgültig abstellt. Durch die ständigen Jig- und Zugbewegungen lässt es sich bei konventionellen Konstruktionen nicht vermeiden das der Shad langsam aber sicher immer weiter nach hinten auf den Hakenschenkel rutscht. Lästiges ständiges Nachjustieren und Beschädigung der Gummifische durch die vielfach eingesetzten Drahtwiderhaken sind die Folge.
Perfekter Halt des Köders auf dem Haken
Cleanbaits geht hier einen grundlegend anderen Weg. Auf dem Hakenschenkel befindet sich eine kugelförmige Verdickung. Diese Verdickung greift passgenau in einen im Inneren unserer Shad befindlichen Hohlraum ein. Wie Schlüssel und Schloss greift Haken und Shad ineinander. Mit dieser Lösung gehört das Abrutschen von Shads der Vergangenheit an. Jetzt angeln Sie mit dem sicheren Gefühl das der Köder immer optimal präsentiert wird. Und nur der Vollständigkeit halber: Rostige Haken werden Sie bei diesem Köder auch vergebens suchen.
Und dann ermöglicht die mehrteilige Konstruktion des Jigheads auch noch eine ganz andere Montage der Shads auf dem Haken. Es ist nicht mehr nötig den Shad von der Hakenspitze beginnend aufzuziehen, sondern man montiert die losen Haken einfach mit der Hakenöse beginnend zuerst. Zerstörung des Shads durch die Hakenspitze ist somit absolut ausgeschlossen. Nach Montage wird der jetzt mit Haken versehene Shad dann sicher durch den Edelstahlstift im Jigkopf schwenkbar gelagert fixiert.
Nach dem dieses Konzept entwickelt und über Jahre verbessert wurde, musste aber noch eine weitere Verbesserung her um einen wirklich sauberen Köder präsentieren zu können, der den Namen Cleanbaits zurecht trägt.
Gummiköder ohne PVC-Plastisole
Standard Gummifische bestehen aus hoch Weichmacher haltigen PVC-Plastisolen. In den aller meisten Fällen leider sogar immer noch mit Phthalaten als Weichmacher die erwiesenermaßen in vielerlei Hinsicht Umwelt- und gesundheitsschädlich sind. Warum? Der Grund ist einfach und der Gleiche wie beim Blei: Problemlos verfügbar, leicht zu verarbeiten und vor allem eins: billig.
Auch haben die Plastisole eine weitere chemisch/physikalisch bedingte Eigenschaft: Leider sind Sie allesamt nicht besonders reißfest. Die Folge ist kurze Lebenszeit und häufiger Köderwechsel insbesondere dann, wenn es z.B. beim Skrei Fischen an die Belastungsgrenzen geht. Darüber hinaus weiß jeder, der solche Gummiköder einsetzt, dass die aus den Ködern migrierenden Weichmacher andere Kunststoffteile angreifen was zu diversen Problemen führt.
Aus oben genannten Gründen kamen wie Plastisole generell nicht in Frage. Stattdessen werden die Cleanbaits Shads aus 100% lebensmittechten Hochleistungspolymeren gefertigt, die keinerlei Weichmacher enthalten, auch keine unbedenklichen. Es handelt sich also um ein 100iges Polymersystem. Das Resultat ist ein Shad der keine Migration und eine unübertroffene mechanische Haltbarkeit aufweist. Diese Shads können unter anderem auf mehr als das Doppelte der Länge gedehnt werden und kleine Beschädigungen durch Fischzähne führen bei anschließender Dehnung nicht zum Riss.
Fazit
Als Angler hat jeder einzelne von uns eine Verantwortung gegenüber der Natur, die es wahrzunehmen gilt. Galt das Angeln mit klassischen Bleiköpfen bisher als alternativlos, eröffnen sich mit den Produkten von Cleanbaits ganz neue Möglichkeiten.
Auch wenn die Köder bisher “nur” für das Hochseeangeln konzipiert sind, folgt hoffentlich bald auch eine Umsetzung für das klassische Spinnfischen auf Raubfische wie Zander, Hecht und Barsch.
Preislich sind die Köder im Vergleich zu anderen Hochsee-Ködern zudem kaum teurer, was sie zu einer echten, sauberen Alternative macht.
Fandest du den Artikel hilfreich?
Über den Autor
Moin! 👋 Ich bin Christoph, seit 25 Jahren leidenschaftlicher Angler und Autor dieses Artikels. Hier auf Angelmagazin.de teile ich mein Wissen mit euch. Wenn dir der Artikel gefallen hat, würde ich mich sehr über eine Bewertung freuen. Und wenn du magst, kannst du mir hier noch einen Kaffee ☕🙂 ausgeben.